32 § 9, Die Hauptgestalten der Württembergischen Geschichte.
unter harten Bedingungen. Er mußte 300000 Gulden bezahlen, vor dem
Kaiser in Ulm sich demütigen, sodann dem sogenannten Interim sich fügen,
d. h. einer Verordnung, die inzwischen bis zu einer allgemeinen Kirchen-
Versammlung gelten sollte, und die Württemberg in Wirklichkeit wieder katho-
lisch machte. Zu allem Unglück hin erhob Ferdinand wiederum Ansprüche
auf das Herzogtum, weil Ulrich durch seine Empörung gegen den Kaiser es
verwirkt habe. Alle Gegenvorstellungen halfen nichts, und eben sollte das
Urteil gesprochen werden, als Ulrich i. I. 1550 starb und dadurch dem
Schicksal entging, noch einmal seines Landes beraubt zu werden.
Herzog Christoph (1550—1568).
Auf Herzog Ulrich folgte sein Sohn Christoph, einer der trefflichsten
Regenten Württembergs, mit den edelsten Eigenschaften des Geistes und des
Herzens ausgestattet. Das Joch, das er in der Jugend zu tragen hatte,
stählte frühzeitig seinen Charakter. Kaum war er y2 Jahr alt, so entfloh
seine Mutter; im vierten Jahre siel er nach Vertreibung seines Vaters in
feindliche Hände und wurde in der Fremde von einem Ort zum anderen geführt,
bis er an dem Kaiserlichen Hof aufgenommen wurde, wo er an Michael
Tiffernns einen ausgezeichneten Lehrer und väterlichen Freund fand. Kaiser
Karl V. hatte zwar Wohlgefallen an der Wißbegierde des jungen Prinzen,
behandelte ihn aber doch argwöhnisch, zumal er bei einer Reise durch Württem-
berg, wobei ihn der damals 15jährige Christoph begleitete, bemerkte, welche
Hoffnungen man hier auf diesen setzte. Er gedachte daher, ihn in ein Kloster
in Spanien zu stecken, um so Württemberg für immer au sein Haus zu
bringen. Allein auf der Reise dorthin entdeckte Tiffernus dem Prinzen den
Plan. An der Grenze von Tirol und Italien entfernten sich beide unbemerkt
vou dem kaiserlichen Gefolge und entkamen glücklich nach Bayern, wo Christoph
bei feinen Verwandten eine sichere Zuflucht faud. Nachdem sein Vater in sein
Herzogtum zurückgekehrt war, wurde er von diesem mit Argwohn und Härte
behandelt und mußte in französische Kriegsdienste treten, wo er mehrmals
in Lebensgefahr geriet. Endlich kam durch Vermittlung des Landgrafen
Philipp von Hessen eine Aussöhnung zwischen Vater und Sohn zustande, und
Christoph wurde Statthalter der Grafschaft Mömpelgard, die zu Württemberg
gehörte. Hier beschäftigte er sich eifrig mit den Wissenschaften, vor allem
mit den > Schriften von Luther, Melanchthon und Brenz, sowie in erster Linie
mit der Heiligen Schrift und wandte sich aus innerster Überzeugung der
Reformation zu.
Bei seinem Regierungsantritt fand Christoph das Herzogtum in einer
mißlichen Lage. Spanische Soldaten hielten es besetzt; das Land war größten-
teils wieder katholisch geworden, mit Schulden beladen und verarmt, und
König Ferdinand machte seine Ansprüche darauf geltend. Aber Herzog Christoph
war der schwierigen Aufgabe gewachsen. Er fand sich mit Ferdinand durch
eine ansehnliche Geldsumme ab, und als durch den Kurfürsten Moritz von
Sachsen das Kriegsglück auf die Seite der Protestanten sich gewendet hatte,
und der Kaiser im Passauer Vertrag 1552 und sodann im Augsburger
Religionsfrieden 1555 Religionsfreiheit zugestanden hatte, führte Herzog
Christoph im ganzen Lande die Reformation ein. Dabei wurde er kräftig
unterstützt vou dem trefflichen Johannes Brenz, dem Reformator Württem-
beras, der zum Propst an der Stiftskirche in Stuttgart ernannt worden war.
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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TM Hauptwörter (200): [T55: [Friedrich Kaiser Kurfürst Herzog Sachsen Johann Karl Land Bayern Wilhelm], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T64: [Vater Sohn Jahr Tod Mutter Regierung König Kind Heinrich Bruder], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T93: [Bayern Baden Hessen Württemberg Königreich Sachsen Franken Schwaben Land Rhein]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand Ulrich_i Christoph_( Ulrich Christoph Michael
Tiffernns Karl_V. Karl_V. Christoph Württemberg Christoph Philipp_von_Hessen Philipp Christoph Luther Melanchthon Christoph Ferdinand Ferdinand Christoph Ferdinand Moritz_von
Sachsen Christoph Johannes_Brenz
36
§ 9. Die Hauptgestalten der Württembergischen Geschichte.
Künkelin verheiratet) herbeieilten, ihre Männer so lange auf der Ratsstube
bewachten, bis der Mannesmut erstarkte und sie sich zur Verteidiguug ent-
schlössen. Diese war denn auch unter der Führung des wackeren Komman-
danten Krummhaar von Erfolg gekrönt. Melac mußte die Belagerung auf-
geben und zog, als Reichstrnppen anmarschierten, von Württemberg ab. Aber
in den Jahren 1692 und 1693 fielen die Franzosen abermals im Lande ein,
und wiederum quälten sie die unglücklichen Bewohner mit Sengen und Brennen,
Plündern und Brandschatzung: noch heute sind die Ruinen von dem Kloster
Hirsau Zeugen ihrer Zerstörungswut. Millionen wurden dem armen Lande
ausgepreßt. Das Eleud war nicht geringer als im Dreißigjährigen Kriege;
Hungersnot und Seuchen wüteten schrecklich; die Bevölkerung sank in kurzer
Zeit von 450 000 auf 300 000, und die von den Franzosen mitgeführten
Geiseln, 14 angesehene Männer, erlitten, da die Strafgelder nicht rechtzeitig
abgezahlt wurden, eine ebenso qualvolle als schimpfliche Behandlung.
Ein kleiner Ersatz dafür war die Einwanderung von 3000 Waldenfern,
die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat, dem südlichen Frankreich, sich
hatten flüchten müssen, und denen in der verwüsteten Maulbrouner Gegend
Wohnplätze angewiesen wurden; ihnen verdankt man die Einführung der Kar-
toffel in Württemberg.
Inzwischen war Eberhard Ludwig mündig geworden und hatte die
Regierung übernommen. Da brach ein neuer Krieg aus, der Spauische
Erb folg ekrieg, iu dem der Deutsche Kaifer und Ludwig Xiv. um Spaniens
Krone sich stritten. Württemberg nahm in rühmlicher Weise daran teil, und
der Herzog bewährte sich als tapferer und geschickter Feldherr, so daß ihn
der Kaiser zum Generalfeldmarschall ernannte. Das Land hatte freilich wenig
Nutzen davon, und die Landstände beschwerten sich bitter, als der Herzog auch
uach dem Kriege ein stehendes Heer von einigen tausend Mann beibehielt
und eine prächtige, kostspielige Leibwache errichtete. Schlimmer aber war, daß
der Herzog, der doch die Franzosen so mutig bekämpft hatte, französische Sitte
und Mode, die Leichtfertigkeit und Üppigkeit des Hofes Ludwigs Xiv. in
Versailles nachahmte. Er baute uach dessen Vorbild Schloß und Stadt Ludwigs-
bürg, verlegte dorthin seine Residenz und entfaltete einen Glanz, der ungeheure
Summen verschlang und dem Lande schwere Lasten aufbürdete. Daneben fehlte
es aber auch nicht an heilsamen Einrichtungen, so wurde z. B. das Waifen-
haus iu Stuttgart errichtet, die fchon von Herzog Ulrich gegründete und von
Herzog Christoph erweiterte lateinische Schule in Stuttgart zum Gymnasium
erhoben, die Konfirmationsfeier eingeführt, und trotz der Sittenverderbnis in
den oberen Ständen herrschte doch im Volke viel christlicher Sinn, der durch
Männer wie Johann Albrecht Ben gel kräftig gefördert wurde.
Herzog Karl Eugen (1737—1793).
Karl Eugeu, der nach dem plötzlichen Tode feines Vaters, des Herzogs
Alexander, zuerst uoch unter Vormundfchaft stand, kam als junger Prinz an
den Königlichen Hof in Berlin, um unter den Augen Friedrichs Ii. zu feinem
Beruf sich vorzubereiten. Der große König gab dem talentvollen, feurigen
Prinzen goldene Lehren: „er solle danach trachten, die Herzen zu gewinnen,
Schmeichler fliehen, sich mit den Staatsangelegenheiten vertraut machen, Sitt-
lichkeit und Frömmigkeit fchützeu und bedenken, daß Württemberg nicht für ihn
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Extrahierte Personennamen: Melac Württemberg Eberhard_Ludwig Ludwig Ludwig_Xiv Ludwig Ludwigs Ulrich Christoph Johann_Albrecht_Ben Johann Albrecht Karl_Eugen_( Karl Eugen Karl_Eugeu Karl Alexander Alexander Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Württemberg Spauische
Erb Spaniens Ludwigs_Xiv Versailles Ludwigs- Stuttgart Stuttgart Berlin Württemberg
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Albrecht der Bär und Kurfürst Friedrich. — Die Schlacht bei Mühlberg. 31
Belehnung. Da ward die Urkunde verlesen, daß die Mark von nun
an für immer den Hohenzollern verbleiben solle. Der Kurfürst schwur
den Eid der Treue mit lauter Stimme auf das Evangelium, em-
pfing das Brandenburgische Banner, Reichsapfel und Scepter, küßte
das Reichsschwert und verrichtete seine Danksagung.
Er regierte die Mark bis 1440, und seine Nachkommen haben
noch fast 250 Jahre als Kurfürsten das Land beherrscht, welches immer-
mehr, besonders durch den großen Kurfürsten, an Umfang und Macht
wuchs, und unter diesem schon der vornehmste deutsche protestantische
Staat ward. Daher war es ganz in der Ordnung, daß Kurfürst
Friedrich Iii. 1701 sich in Königsberg die Königskrone aufsetzte, und
so das Kurfürstenthum Brandenburg zum Königreich Preußen machte.
9. Pie Schlacht bei Mühlberg.
Nach Luther's Tode brach schweres Unglück über die Evangeli-
schen herein. Der Kaiser Karl V. hatte bis jetzt bald mit den
Türken, bald mit den Franzosen zu thun gehabt und war dadurch
verhindert worden, etwas Ernstliches gegen die Protestanten zu unter-
nehmen. Nun aber hatte er keine äußern Feinde mehr zu fürchten,
und, er beschloß, die Evangelischen mit Gewalt zu unterdrücken.
Die evangelischen Fürsten hatten schon 1531 ein Bündniß zur
Bertheidigung ihres Glaubens zu Schmalkalden geschlossen. Als
sie die Absicht des Kaisers merkten, rüsteten sie eilig ihre Heere; aber
ihre Ängstlichkeit und Eifersucht machten einen Angriff unmöglich.
Den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen rief die
Treulosigkeit seines Vetters Moritz in seine Länder zurück. Dieser war
evangelischen Glaubens und Schwiegersohn des Landgrafen Philipp
von Hessen, eines Bekenners des evangelischen Glaubens. Den-
noch stand er heimlich mit dem Kaiser in Unterhandlung und besetzte
die Länder Johann Friedrich's mit Gewalt. — Zwar nahm dieser
sie wieder; nun aber machte sich 1547 der Kaiser in Verbindung mit
Moritz gegen ihn auf. Der Kurfürst suchte das feste Wittenberg
zu erreichen. Der Kaiser zog ihm am andern Ufer der Elbe bis
Mühlberg nach. Er sah Anfangs keine Möglichkeit, über den Fluß
zu kommen; doch zeigte ihm ein verrätherischer junger Bauer eine Fuhrt.
Es war ein Sonntagsmorgen. Der Kurfürst wohnte gerade dem
Gottesdienste bei, als er die Nachricht erhielt, daß der Kaiser im An-
zuge sei; dennoch wollte er sich in seiner Andacht nicht stören lassen.
Als er endlich aufbrach, wurde er von den kaiserlichen Reitern ein-
geholt und zur Schlacht gezwungen. Aber die Seinen wurden ge-
worfen; er selbst erhielt einen Hieb in die linke Wange und mußte
sich den Feinden ergeben. Gefangen und mit Blut bedeckt, wurde
er vor den Kaiser geführt. Als er diesen erblickte, hob er die Augen
gen Himmel und sprach: ,,Herr Gott, erbarme dich meiner; nun bin
ich hier!" Er wollte dem Kaiser die Hand reichen; aber dieser wandte
sich ungnädig ab. Und als er anhub: „Allergnädigster Kaiser!" —
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Extrahierte Personennamen: Albrecht Friedrich Friedrich Friedrich_Iii Friedrich Karl_V. Karl_V. Johann_Friedrich_von_Sachsen Johann Friedrich Moritz Philipp
von_Hessen Philipp Johann Moritz
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Zwei evangelische Märtyrer. — Der jülichschc Erbfolgestreit.
29
mir das noch einmal." Und es geschah, worauf der Märtyrer erwie-
derte: „Habt Dank, daß Ihr mir das Evangelium Christi verkün-
digt habt. Grüßet alle Brüder in dem Herrn Christo!" Nachdem
Adolph sich selbst entkleidet, steckte der Henker den Holzstoß an, und
als die Flamme hoch emporloderte, schrie Adolph mit heller Stimme:
„O Herr, in deine Hände besehl' ich meinen Geist!" und ward vom
Dampf erstickt. — 300 Jahre später bewegte sich ein anderer Zug
aus Lüttinghausen, um den Grundstein zu einem Denkmale Claren-
bach's, des bergischen Reformators, zu legen. An der Spitze von
wenigstens 12,000 Andächtigen zogen an 50 evangelische Geistliche
einher, und es ward in lautloser Stille der Grundstein unter Rede
und Gebet gelegt. Zum Schluffe ertönte tausendstimmig Luther's
Glaubenslied: „Ein' feste Burg ist unser Gott!"
6. Per Michsche Erbfotgestrcit.
Die herrlichen Provinzen Cleve, Jülich, Berg, Mark, Ravensberg
und Ravenstein waren seit 1521 durch Johann Iii. unter den Her-
zogen von Cleve vereinigt. Wilhelm Iv. hatte eine Macht, mit
welcher er dem mächtigen Kaiser Karl V. glücklich entgegentreten
konnte. Mit dem Tode des Herzogs Johann Wilhelm erlosch im
Jahre 1609 der Mannesstamm des alten ruhmreichen Fürstenhauses.
Es war eine schwere Zeit, in welcher die Völker durch Religions-
streitigkeiten aufgeregt und zerrissen und der 30 jährige Krieg mit allen
seinen Gräueln im Anzuge war. Sechs Bewerber um die erledigten
Länder traten auf, unter ihnen Johann Sigismund, Kurfürst von
Brandenburg, und der Pfalzgraf Wilhelm von Neuburg; jener im
Namen seiner Gemahlin Anna, deren Mutter, Herzogin von Preußen,
ältesten Tochter Herzog Wilhelm's, die Erbfolge für sich und ihre Nach-
kommen zugesichert erhalten hatte, sobald keine unmittelbaren männ-
lichen Erben vorhanden sein sollten; dieser im Namen seiner Mutter,
der zweiten Tochter Wilhelm's Iv., welche an die Stelle der ersten
bereits verstorbenen treten sollte. Der Kurfürst hatte sich durch ein
Bündniß mit den Holländern gesichert, die eben Spaniens Macht
und den Henkern des gefürchteten Alba in verzweiflungsvollem Kampfe
sich entzogen hatten. Sie wollten um keinen Preis zugeben, daß die
ihnen naheliegenden cleveschen Lande katholisch würden. Dieß wollte
aber gerade der deutsche Kaiser. Schon, hieß es bereits damals,
richte sich die Hoffnung aller Ketzer auf das hohenzollersche Haus.
Es beeilten sich daher die streitenden Erben, dem Kaiser zuvorzu-
kommen, und schloffen schon 1609 den Vertrag zu Dortmund, nach
welchem sie einstweilen gemeinschaftlich das ganze Land ' in Besitz
nahmen und es gegen jeden Drillen mit den Waffen in der Hand
zu behaupten sich verpflichteten. Der Kaiser Rudolph wurde darüber
böse, drohte mit der Reichsacht und besetzte die Festung Jülich. Aber
die mit Brandenburg und Neuburg verbundenen Holländer, Fran-
zosen und Truppen der protestantischen Union eroberten die Festung
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Extrahierte Personennamen: Christo Adolph Adolph Cleve Johann Cleve Wilhelm Karl_V. Karl_V. Johann Wilhelm Johann_Sigismund Johann Wilhelm Anna Wilhelm's_Iv. Rudolph
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Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Friedrich der Streitbare, Kurfürst von Sachsen, und seine Nachkommen bis zur Reformation. 27
Viele schlossen sich in ihren Häusern ein, zündeten diese an und ver-
brannten sich sammt ihren Schätzen. So blieben Wenige aus dem
Volke Israel von der Pest und der Wuth der Menschen verschont.
Wie die Pest, so erstreckte sich auch die Judenverfolgung über
Deutschland hinaus auf die anderen Länder Europa's.
Zu der Zeit sah man auch große Schaaren halbnackter Menschen
von Stadt zu Stadt ziehen, die Geißeln mit Knoten, eingeflochtenen
Nägeln und Drahtspitzen trugen und sich so schlugen, daß das Blut
in Strömen auf die Lenden herablief. Sie hießen Geißel- oder
Buß fahr er; sie sangen Bußgesänge, warfen sich nieder und beteten,
standen wieder auf und peitschten sich. Diese Leute rangen nach Ver-
gebung ihrer Sünden; aber die leibliche Uebung ist wenig nütze.
Sie suchten durch äußere Bußübungen die Versöhnung. Bald kamen
sie auch in Übeln Ruf, und deßhalb suchte man sie mit Gewalt zu
dämpfen. Bei Sangerhausen und Nord Hausen wird heute noch
die Stelle gezeigt, wo solche Geißelfahrer auf dem Scheiterhaufen
verbrannt worden sind.
7. Friedrich der Streitbare, Kurfürst von Sachsen, und seine Nachkommen
bis zur Ncformation.
Johann Huß zu Prag war ein Vorläufer Luther's und pre-
digte das lautere Evangelium; auf der Kirchen-Versammlung zu
Kostnitz im Jahre 1415 wurde er als Ketzer auf dem Scheiterhaufen
verbrannt. Die Kunde von seinem Märtyrertode entflammte seine
Anhänger zum Kriege. Sie sammelten sich unter dem Banner des
böhmischen Edlen Johann Ziska. Damals war Friedrich der
Streitbare Herr über Meißen und Thüringen; er wurde vom Kaiser
Sigismund gegen die Hussiten gesandt und schlug sie. Zur Be-
lohnung wurde er 1425 mit dem Kurfürstenthum Sachsen feierlich
belehnt, so daß er nun nicht blos das Herzogthum Sachsen zu seinem
Lande erhielt, sondern auch einer der sieben Kurfürsten wurde, welche
den deutschen Kaiser zu wählen hatten.
Das Herzogthum gehörte dem einst blühenden Herrscherstamme
der Askanier, die ihre Stammburg bei Aschersleben hatten; aber
das Geschlecht kam schnell zum Aussterben. Der vorletzte Kurfürst,
mit Namen Rudolph, hatte zwei blühende Prinzen; als diese in
Loch au, dem jetzigen Annaburg, übernachteten, stürzte ein alter
Thurm neben ihrer Wohnung ein und erschlug sie nebst dem Erzieher
und sechs Edelknaben. Nun war nur noch ein Bruder Rudolph's,
Al brecht, übrig, welcher die Regierung nach dessen Tode übernahm.
Aber auch dieser starb- ohne Erben in der Blüthe seiner Jahre an
den Folgen eines Feuerschreckens. Er übernachtete nämlich auf der
Jagd in der Annaburger Haide in einem Bauerhause. Als Alle im
tiefsten Schlafe lagen, brach Feuer aus, und der Fürst wäre mit seiner
Gattin verbrannt, wenn nicht ein winselnder Jagdhund sie geweckt
hätte. Der Schreck führte jedoch einige Tage nachher den Tod des
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Streitbare Friedrich Friedrich_der_Streitbare Friedrich Johann Johann_Ziska Johann Friedrich Friedrich Sigismund Rudolph
Extrahierte Ortsnamen: Sachsen Israel Deutschland Nord_Hausen Sachsen Sachsen Aschersleben Annaburger_Haide
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Rheinische Städtegeschichten.
23
nichts hören. Siehe, da stiegen die den Ort durchströmenden Ge-
wässer, füllten allmählich die Straßen und Häuser und trieben die
unglücklichen Bewohner auf wenige Plätze zusammen. Die wenigen
Lebensmittel verdarben, eine schreckliche Seuche brach aus. Die Be-
lagerer hatten den Abfluß der Bäche vor den Thoren durch riesige
Dämme gehemmt. Da mußte sich die heldenmüthige Stadt ergeben.
Nach 385tägiger Belagerung zog Wilhelm von Holland in die ver-
heerte Krönungsstadt ein, aber weder Drohungen noch Gnadenbe-
.zeugungen konnten die Bürger bewegen, in der Stadt zu bleiben.
Es war ein herzbrechender, aber erhebender Zug, diese Männer,
Frauen und Kinder, die abgezehrt und matt dahinzogen, die Königs-
Ireue zu bewahren, welche sie den edlen Hohenstaufen geschworen.
3. Eine Kaiserkrönung zu Aachen. Den 9. April I486
früh Morgens ward vor dem Hofe des römischen Königs Maximi-
lian, dessen Krönung zum römisch-deutschen Kaiser bevorstand, ein
ganzer Ochse zum Braten aufgestellt, in welchem ein Schwein, in
diesem aber eine Gans und ein Huhn angelegt waren; auch ward
ein Springbrunnen aufgerichtet, darüber ein Adler mit dem Wappen
l>es Königs und ein goldener Löwe. Aus dem Munde dieser Thiere
floß rheinischer Wein. Beides wurde nach der Krönungsfeierlichkeit
dem Volke preisgegeben. Nach 6 Uhr begab sich der feierliche Krö-
nungszug zur Kirche; zuerst Edelknaben, dann die Bischöfe, hierauf
"die Herzöge von Cleve, Jülich und Sachsen. Nun kam der alte
Kaiser Friedrich Iii. in einem goldenen Kleide mit erhabenem Hals-
schmucke und einem prächtigen Kreuze vor sich. Zu seiner rechten
Seite ging sein Sohn Maximilian mit einem goldenen, mit Her-
melin gefütterten Mäntelchen, das ihm über die Schulter hing und
vorn am Halse durch eine mit Perlen und köstlichen Steinen besetzte
Hefte zugehalten war; auf seinem Haupte trug er ein goldenes Ba-
ret. Zur linken Seite des Kaisers ging der Kurfürst von Sachsen
mit dem bloßen Schwerte, und zur Linken des Königs der Kurfürst
von der Pfalz, beide in ihrer Kurkleidung, nämlich mit einem Kleid
und Mantel von rothem Sammet und einem hohen Baret von Schar-
lach, mit Hermelin ausgeschlagen.' Beim Eintritt in die Kirche wur-
den dieselben von den drei geistlichen Kurfürsten in ihrem bischöflichen
Ornat mit ihren Krummstäben und Jnfuln und von der ganzen
Geistlichkeit mit den Fahnen, mit dem Weihrauchfaß und dem Eoan-
gelienbuch empfangen. Am Fuße des Altars legte Maximilian sich
gestreckt auf einen Teppich nieder, und der Erzbischof von Cöln flehte
über ihm zum Herrn. Alsdann richtete sich der König auf und ließ
sich dem Altäre gegenüber auf einem schön geschmückten Sessel nie-
der, zur Rechten der Erzbischof von Mainz, zur Linken der von
Trier, hinter ihnen mehrere Reichsfürsten. Auf der rechten Seite
des Altars hatte der Kaiser seinen drei Stufen hohen und kostbar
ausgeschmückten Sitz, und zur linken befanden sich die Kurfürsten von
Sachsen und von der Pfalz. Jetzt begann der gregorianische Gesang.
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TM Hauptwörter (100): [T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T73: [Stadt Schloß Augsburg Grafe Nürnberg Reichsstadt Bischof Sitz Regensburg Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Cleve Friedrich_Iii Friedrich Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Schulformen (OPAC): Volksschule
Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
30
Blicke in die Delgangenhcit der Rheinprovinz.
wieder. So kam Brandenburg zum Eintritt in die Union, welche
1608 gegründet war und der gegenüber 1609 ein katholischer Für-
stenbund, Liga, sich bildete. Man hegte allgemein die Hoffnung, daß
der Erbschaftsstreit friedlich würde beigelegt werden. Beide Fürsten
kamen in Düsseldorf zusammen, woselbst eine Heirath zwischen der
Tochter des Kurfürsten und dem noch unverheiratheten Pfalzgrafen
von Neuburg zu Stande gebracht wurde. Noch aber handelte es
sich um die Mitgift; darüber erzürnten sich die Herren beim Weine
also, daß auf eine unverschämte Forderung des Pfalzgrafen der Kur-
fürst mit einer Ohrfeige antwortete. Wüthend reiste der Neuburger
ab, heirathete eine Tochter des Hauptes der Liga, des Herzogs Maxi-
milian von Baiern, und wurde katholisch. Sein alter Vater starb
vor Gram darüber. Der Kurfürst von Brandenburg dagegen trat
am Weihnachtstage 1613 öffentlich von der lutherischen zur refor-
mirten Kirche über. Dadurch wurde er der kräftigen Unterstützung
der rcformirten Holländer und der Treue der Jülicher gewiß. Jetzt
rückten Spanier unter Spinola von der einen, Holländer unter Mo-
ritz von Oranien von der andern Seite in die streitigen Lande. Und
damit brach eine schreckliche Zeit herein den ganzen 30jährigen Krieg
(1618—1648) hindurch. Die fremden Heere brandschatzten im Lande.
Neuburg drückte die Protestanten, Brandenburg die Katholiken zur
Vergeltung. Priester führten die Schaaren gegeneinander. Alle Bande
des Bluts, der bürgerlichen Ordnung waren gelöst; alle Menschlich-
keit schien von der Erde genommen zu sein. Obgleich die Parteien
bereits 1614 in Xanten zu einer Theilung geschritten waren, nach
welcher Cleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein an Brandenburg
kamen, so wurden die Streitigkeiten doch erst durch den großen Kur-
fürsten von Brandenburg 1666 endgiltig geschlichtet. Mit den Län-
dern aus der jülichschen Erbschaft legte der brandenburgisch-preußische
Staat die ersten Keime zu seiner Macht am Rhein, und das war
von großer Bedeutung. Gewöhnlich residirte ein brandenburgischer
Prinz von da ab in den rheinischen Landen.
7. Pie preußische Rheinprovinz.
1. Zu diesen Gebieten erwarb der erste preußische König die Graf-
schaft Mörs (1703) und das Herzogthum Obergeldern (1713); dazu
kamen 1803 die Abteien Esten und Werden und einige kleinere Graf-
schaften. Doch gingen 1801 durch den Frieden von Lüneville alle
Theile auf der linken Rheinseite, in dem unglücklichen Frieden zu
Tilsit die übrigen rheinischen Besitzungen dem Königreich Preußen
verloren; sie kamen theils an Frankreich selbst, theils an das von
Napoleon I. abhängige Großherzogthum Berg, welches derselbe seinem
Schwager Murat (spr. Mürah) verlieh. Das Alles erwarb preußische
Tapferkeit in den Jahren der glorreichen Erhebung des preußischen Vol-
kes 1813—14 mit dem Schwerte wieder. Dazu erhielt Preußen als
gerechte Anerkennung der großen Opfer, die es für Deutschlands Be-
TM Hauptwörter (50): [T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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